Reingelsen – in der Ausbildung

Cover Episode 3 buecher:held:innen podcast

Willkommen zur dritten Folge des buecher:held:innen-Podcast. In dieser Episode ist Tina Lohrenz aus dem Buchladen Rein(ge)lesen aus Parchim zu Gast und erzählt von ihrer Ausbildung zur Buchhändlerin, der Arbeit in der Buchhandlung und natürlich quatschen wir auch über Social Media. 

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 Hier könnt ihr den Podcast auch nachlesen: 
 
Andrea

Willkommen zu einer neuen Folge der Bücher:held:innen. Heute ist mein Gast Tina aus der „Buchhandlung Reingelesen“ –  heißt es „Buchladen“ Reingelesen oder „Buchhandlung“? Du musst uns gleich aufklären… –  aus Parchim. Willkommen.

 

Tina

Hallo. Es heißt, der Buchladen Reingelesen..

 

Andrea

Unter @der_buchladen_reingelesen findet man euch auch auf Social Media und  euren Shop. So, jetzt habe ich den Bogen gespannt. Wunderbar. Wir quatschen heute ein bisschen über Ausbildung im Buchhandel, über den Buchhandel selbst und auch ein bisschen über Social Media. Und ich freue mich total, dass du da bist.

 

Tina

Hallo. Danke, dass ich hier sein darf.

 

Andrea

Tina, erzähl doch mal ein bisschen. Du machst ja die Ausbildung zur Buchhändlerin. Warum in Herrgottsnamen – in diesen Zeiten – wird man noch Buchhändler:in?

 

Tina

Und dann und dann auch noch auf den zweiten Bildungsweg quasi. Ja, weil’s der tollste Job der Welt.

 

Andrea

Das ist richtig?

 

Tina

Es ist der schönste Job der Welt. Das ist die einfache Begründung. Ich habe eigentlich mal angefangen, Lehramt zu studieren, von dem ich dachte, es wäre der tollste Beruf der Welt. Und ich habe festgestellt: Das ist ein ganz, ganz wunderbarer Beruf – ein ganz vielseitiger Beruf – aber es ist nicht der Richtige für mich. Und habe dann ein Semester vor dem Examen geschmissen. Tatsächlich. Und ich war dann kurz ein bisschen verloren, habe gedacht, was will ich eigentlich machen? Und ich habe immer nebenbei im Einzelhandel gearbeitet und ich finde, Einzelhandel wird wahnsinnig verkannt. Einzelhandel ist ein ganz, ganz toller Beruf, weil er ganz vielseitig ist. Weil er mit ganz vielen Aufgabengebieten einherkommt und weil man kreativ sein kann und analytisch und mit Menschen arbeitet. Ich habe mir gesagt: Das möchte ich weiter machen, aber mit Büchern. Und dann habe ich ganz lange gesucht, einen Weg zu finden in die Buchbranche. Das ist, wenn man Branchenfremde ist, tatsächlich gar nicht so einfach, weil die Jobs wirklich untereinander verschachtelt werden. Und nach zwei Jahren Suche hat es endlich geklappt. Und zwar nicht nur endlich geklappt, sondern auch im schönsten Buchladen der Welt. Also insofern hat sich das Warten dann doch gelohnt.

 

Andrea

Das ist doch wunderbar. Du bist auch gar nicht weit weg von da, wo du wohnst.

 

Tina

Das ist richtig. Ich fahre jeden Morgen mit dem Fahrrad zur Arbeit, mit dem ich nachmittags unter Umständen auch Bücher ausliefere. Also super.

 

Andrea

Also, wenn man nach zwei Jahren Suche vor Ort eine Ausbildung findet, dann musst du jetzt noch ein bisschen mehr über den Buchladen und über euer Team erzählen!

 

Tina

Ja, passt natürlich super, weil der Buchladen heute Geburtstag hat. Also heute vor sieben Jahren wurde der Buchladen eröffnet. Wir sind eine kleine inhabergeführte Buchhandlung. Wir haben knapp 70 Quadratmeter Verkaufsfläche. Spannend ist, dass wir eine L-Form haben. Was für uns spannend ist, weil wir wirklich unterteilen können zwischen Erwachsenen und Kindern. Wir haben eine schöne große Kinderecke. Wir haben viele Nonbook-Artikel, womit wir uns auch so ein bisschen profilieren, weil wir auch wirklich versuchen, monatlich da ein bisschen das Sortiment zu wechseln. Wir haben zusätzlich losen Tee. Unser Slogan ist „Der kleine Laden für große Momente“. Also wir versuchen für jeden da zu sein und einfach den Alltag ein bisschen zu verschönern. Wir sind ein Team von drei Leuten, es gibt mein Chef und Ausbilder, mich als Auszubildende und wir haben noch eine Aushilfe, die 20 Stunden pro Woche arbeitet. Und mit drei Personen kriegen wir das eigentlich auch ganz gut gestemmt, sofern nicht gerade Weihnachten ist. Dann wird es auch bei uns ein bisschen stressig.

 

Andrea

Das klingt alles ganz entspannt. Und wie ist es denn heute? Siebter Geburtstag. Und du darfst mit mir Podcast aufnehmen. Danke an den Chef!

 

Tina

Ja und nein. Wir haben tatsächlich pandemiebedingt gerade einen wechselnden Schichtplan, dass wir einfach nicht zu zweit arbeiten, sondern immer nur einer. Für den Fall, dass sich einer infiziert und in Isolation muss, der Andere übernehmen kann. Das sind einfache wirtschaftliche Gründe. Aber auch so hätte ich für dich bestimmt frei bekommen.

 

Andrea

Wie ist es denn, in der Pandemie mit der Ausbildung zu starten? Eigentlich bist du voll im Lockdown eingestiegen.

 

Tina

Ich habe im Lockdown meinen ersten Arbeitstag gehabt. Also ich habe schon ein gutes halbes Jahr vor Beginn der Ausbildung angefangen zu arbeiten, weil es sich  für beide Seiten ergeben hat. Ich habe am 1. April 2020 meinen ersten Arbeitstag gehabt und wir sind ziemlich genau zehn Tage vorher in den Lockdown gegangen. In den allerersten Lockdown, was für mich ganz spannend ist, weil ich Buchhandel nur unter Pandemiebedingungen kennengelernt habe. Also ich glaube es ist eine gute Schule in gewisser Art und Weise, weil ich von vornherein, so wie jeder andere in der Branche auch flexibel sein musste, neue Wege finden musste, weil das was es vorher gab, gab es plötzlich nicht mehr. Aber es hat alles Vor und Nachteile. Berufsschule ist spannend. Ich war die Hälfte der Zeit da, die andere Hälfte zu Hause im Homeschooling. Ich war seitdem nicht mehr auf irgendwelchen Messen, weil alle Messen nicht stattgefunden haben. Auf der anderen Seite finde ich das ganz, ganz große Plus der letzten zwei Jahre, dass sehr, sehr viel Hybrid stattfindet oder online stattfindet. Was für Menschen wie mich, die in kleinen mecklenburgischen Provinzstädtchen festsitzen und nicht mal eben nach Frankfurt fahren können, eine wahnsinnige Chance ist. Also ich habe auf der anderen Seite nie so viel Buchcontent genossen und so viel Weiterbildung und Fortbildung gemacht, wie in den letzten zwei Jahren, weil alles online stattfindet. Das finde ich großartig und es darf meiner Meinung nach sehr, sehr gerne beibehalten werden.

 

Andrea

Ja, auch aus dem Rheinland sage ich, dass es mit dem hybriden Veranstaltungskonzepten großartig ist, weil auch mir ist es ähnlich gegangen. Das ist schon wunderbar, dass da buchige Angebote sind und dass man sich aber auch fortbilden kann. Du hast gerade kurz angeschnitten, dass du ab und an mal in der Berufsschule warst. Du gehst nicht einfach in die Berufsschule um die Ecke. Ich war in zum Beispiel in Düsseldorf auf der Berufsschule, also zweimal die Woche, aber du hast  Blockunterricht. Und das in einer der schönsten Städte für Buchhändler:innen.

 

Tina

Und die schönste Schule für Buchhändler. Ich bin an der Gutenberg-Schule in Leipzig. Knappe 500 Kilometer weit weg. Spannend. Ja, da kann man nicht mal eben schnell hin und dann ist auch immer das Problem, sollte man sich an der Schule infizieren, was ja durchaus sein kann, kommt man nicht wieder zurück, denn man darf ja keine Bahn mehr fahren und man wird im Internat isoliert. Also das ist spannend gewesen die letzten zwei Jahre und wie gesagt, die Hälfte ungefähr hat online stattgefunden. Was aber, wie ich finde, für Berufsschüler:innen wahnsinnig gut funktioniert, weil wir sind groß und gut organisiert und wir kriegen uns selbst in gewisser Art und Weise motiviert alles zu machen. Also es ist nicht mit der Grundschule oder so zu vergleichen, wo man immer wieder die Schüler:innen anleiten muss. Auch das hat Vorteile. Ich mag es sehr, mal drei Wochen zu Hause zu sitzen und über den Büchern zu hängen. Mich in all diese Themen einzuarbeiten , die ich so lange machen wollte und letztendlich machen darf. Das muss man auch mal dazu sagen.

 

Andrea

Hast du denn ein Lieblingsfach in der Berufsschule?

 

Tina

Es ist nicht Sport.

 

Andrea

Oh, ihr habt Sport.

 

Tina

Wir haben zumindest im ersten Lehrjahr Sport gehabt,  in diesem Lehrjahr nicht.  Ich finde alles spannend in gewisser Art und Weise. Es gibt Sachen, die sind ein bisschen trockener als andere. Buchführung, Buchhaltung ist wichtig, aber ein bisschen anstrengend. Grundsätzlich alles, was praxisbezogen ist, was praxisnah ist – das macht natürlich am meisten Spaß, weil man sich da am meisten einbringen kann. Man muss auch dazu sagen, dass ich keine typischen Fächer, so wie Deutsch, Mathe, Geschichte habe, sondern viele Lernfelder und diese Felder sind durchaus themenübergreifend. Das heißt, ich habe zum Beispiel mal Marketing und Wareneingang zu einem Lernfeld zusammen kombiniert. Schon spannend.

 

Andrea

Und konntest du denn schon was aus der Schule umsetzen in der Praxis bzw. Konntest du was aus deiner Praxis schon mit in ein Schulprojekt nehmen? Jetzt bin ich mal gespannt, wie praxisorientiert unsere Ausbildung heute ist.

 

Tina

Ich versuche gerade einen Weg zu finden, das zu formulieren, ohne dass es despektierlich klingt. Es gibt Unterrichtsstunden, die sehr, sehr praxisbezogen sind. Als Beispiel: Wir haben gerade das Thema „Einkauf“ in einem Lernfeld. Da geht es darum, welche Verlage gibt es eigentlich; wie bereite ich einen Einkauf vor; wie sieht das aus mit Vertreterterminen… Und natürlich kann ich dann sagen, ich Erfahrung drin, weil ich versuche, immer bei Vertreterterminen dabei zu sein.  Sofern es eben möglich ist. Das ist manchmal schwierig, wenn man nur zu zweit ist.  Aber wir haben eigentlich immer versucht, es möglich zu machen, dass ich zumindest zuhören kann. Von der Theorie in die Praxis umgesetzt, also von der Berufsschule mitgenommen in den Betrieb, habe ich glaube ich, noch nichts. Ich überlege gerade, also wenn dann so ein paar Marketingsachen. Tatsächlich nehme ich eher viel von der Praxis mit in die Theorie. Also beispielsweise bereiten wir gerade den Buchmesse-Stand der Gutenberg Schule vor. Den dürfen wir in diesem Jahr betreuen, zusammen mit den Auszubildenden zu „Fachangestellten für Medien und Informationsdienste“. Da bin ich im Social Media Team.

 

Andrea

Überraschung (lacht).

 

Tina

Überraschung, dass ich die Sachen, die ich die letzten Jahre privat angeeignet habe, einfach damit einbringe und damit einen guten Fahrplan für das Team mache. Genau.

 

Andrea

Das ist ein grandioser Übergang, weil mit dem Social Media Account eurer Buchhandlung „Der Buchladen Reingelesen“  bist du an den Start gegangen. Seit März 2020 aktiv und jetzt mit 1100 Followern kein Mini-Account mehr. Aber wenn der Buchladen jetzt schon sieben Jahre alt ist, ist der Account nicht auf dem Mist deines Chefs gewachsen, sondern das hat die Auszubildende in die Hand genommen.

 

Tina

Hat sie tatsächlich. Das war meine aller – allererste Aufgabe. Wir hatten im Januar 2020 -nein – noch früher alles abgesprochen. Haben gesagt, dass es am 1. April los geht. Und dann kam der Lockdown und dann war das für mich sowieso überhaupt die Frage „Geht es überhaupt los am 1. April?“. Natürlich hatte ich den Vertrag unterschrieben, auf der anderen Seite, war es eine Situation, die wir alle nicht kannten. Und wirklich, als es hieß Lockdown und ich wusste, ich soll anderthalb Wochen später anfangen, hat mein Chef mich angerufen und gesagt „Komm bitte in den Buchladen“. Gott, was kommt jetzt? habe ich gedacht. Und dann hieß es tatsächlich „Du hast es beim Bewerbungsgespräch schon gesagt. Ich möchte bitte, dass du heute schon damit anfängst. Wir brauchen einen Instagram Account, weil die Leute uns jetzt erreichen müssen!“ Den Facebook Account gab es schon. Er war aber nicht regelmäßig bespielt. „Wir brauchen jetzt neue Wege und neue Strategien und wir nehmen jetzt Instagram mit dazu und bereite bitte alles vor. Wenn du kommst, dann geht es los und dann fangen wir an und du erzählst mir, was wir machen müssen, damit dieser Account irgendwie in die Gänge kommt.“ Und das ist jetzt anderthalb Jahre her, fast zwei eigentlich. Wie du schon gesagt hast, jetzt sind es 1100 Follower.  Ich weiß, da werden jetzt wahrscheinlich einige Kolleg:innen sagen, na ja, das ist gar nicht so viel. Man muss dazu sagen, wir haben nur 17.000 Einwohner, wenn man das so  in Relation setzt, ist es aber schon ein Erfolg. Ich weiß ehrlicherweise auch nicht so genau, wie es funktioniert hat. Es ging auf einmal wahnsinnig schnell. Aber es freut mich natürlich sehr, dass es doch am Ende scheinbar gut ankommt.

 

Andrea

Du bist nicht als blutige Anfängerin gestartet bei Instagram. Du hattest vorher schon selbst einen Blog und da natürlich auch schon Erfahrungen gesammelt. Das ist der Buchhandlung zugutegekommen, würde ich sagen.

 

Tina

Das ist der Buchhandlung zugutegekommen. Und man muss dazu sagen, dass der Buchladen mittlerweile mehr Follower hat als mein privater Account.

 

Andrea

Dann ist es ein Erfolg.

 

Tina

Ja, da schlagen jetzt zwei Herzen in meiner Brust, weil ich mich natürlich auf der einen Seite freue, und auf der anderen Seite denke ich, ich mach doch gar nicht so viel anders auf Arbeit: Warum läuft es da besser? Aber das finde ich noch raus.

 

Andrea

Aber das ist auch ein schönes Thema.  Die Anzahl von Followern. 10.000 Follower bringen uns ja nichts, wenn die nicht bei uns einkaufen kommen. Also wenn von den 1124 Followern 900 bei dir einkaufen kommen, dann ist das ja gigantisch gut. Kann man nicht anders sagen. Also das Wichtige für die Buchhandlung ist ja eigentlich, dass die Follower regional ansässig sind. Instagram hat viel von Network, natürlich auch mit Kollegen. Es ist bei uns auf der Arbeit nicht anders. Was auch wichtig ist und wo man sich wunderbare Ideen holen kann. Aber an sich wollen wir an die Kund:innen vor Ort.

 

Tina

An sich wollen wir an die Kunden vor Ort. Und das ist so witzig, denn ich habe mir das jetzt nicht ausgedacht. Es ist tatsächlich so passiert. Es war Freitagnachmittag und es regnete und es war kurz vor den Ferien und ich war müde. Und es ist auch noch Januar. Also das ist ein bisschen Saure Gurken Zeit bei uns. Und die Kundin kam am Freitagnachmittag ganz gut gelaunt in den Laden und sprach mich an, ob ich diejenige bin, die den Instagram Account betreut. Ich sag ja und denke was kommt denn jetzt? Sie erzählt, dass sie gesehen hat, dass wir den Aktionistisch zu Astrid Lindgren haben. Sie kommt aus einer Stadt, die 50 Kilometer weit weg ist und ist nur wegen diesem Tisch zu uns nach Parchim gefahren. In den Buchladen gekommen, um sich mit Astrid Lindgren Büchern einzudecken, weil sie es auf Social Media gesehen hat. Und daran sieht man, Social Media ist so eine Arbeit, wo man nicht immer unbedingt sofort so ein Ergebnis sieht, weil viel konsumiert, wird ohne Reaktion. Und in diesen Momenten,  weiß man manchmal nicht, ob man seine Arbeit richtig macht, weil Reaktionen fehlen.  Aber wenn dann solche Menschen kommen und einem das erzählen, dann weiß man, dass sich die Arbeit lohnt. Und das war ein wahnsinniges Kompliment. Und für sie war es einfach nur ein Satz, den sie mal so gesagt hat. Und für mich war das so ein „Haken“. So nach dem Motto „Alles richtig gemacht die letzten zwei Jahre“, das tut wahnsinnig gut. Und dann geht man natürlich sehr, sehr beschwingt ins Wochenende.

 

Andrea

Das ist gut für die Content Planung für die nächsten Wochen. So ein kleiner Hype ist zwischendurch ja nicht verkehrt. Was macht ihr denn, um eure Kund:innen, die ihr habt, auch auf euren Social Media Account zu bekommen und die Follower, die ihr habt, dann umgekehrt in den Laden?

 

Tina

Ja, also was bei uns ganz spezifisch ist, wir haben den „Neuerscheinungen-Freitag“. Das hat ganz banal angefangen. Als ich noch neu in der Branche war, habe ich immer Freitagmittag geguckt was eigentlich so über die Woche neu in den Buchladen gekommen ist. Was sind so die Neuerscheinung? Also jetzt ganz, ganz beispielhaft der neue Adler-Olsen oder der neue Fitzek oder was auch immer. Ich wusste, am Wochenende kommen die Leute und wollen sich mit neuem Lesestoff eindecken. Und dann gab es irgendwann einen Punkt, an dem ich gedacht habe, wenn ich als Buchhändlerin wissen möchte, was neu rausgekommen ist, dann ist dies auch etwas, was meine Kund:innen auch wissen wollen. Und es war durch Zufall ein Freitag, an dem ich das festgestellt habe. Dann habe ich das Handy gezückt. Der Gedanke war, wir machen das jetzt einfach mal.  Wir zeigen, welche Bücher diese Woche neu rausgekommen sind. Dieser sogenannte „Neuerscheinung-Freitag“ ist geblieben.  Der hat sogar irgendwann ein eigenes Design bekommen. Das heißt, jeden Freitag sieht man, was bei uns neu ist. Wir haben das Format mittlerweile ein bisschen umbenannt. Also es sind unsere Neuzugänge, weil man immer auch mal wieder einen richtig, richtig spannend Backlist-Titel entdeckt. Aber immer freitags werden unsere ganz persönlichen Buchtipps geteilt und das wollen die Leute auch sehen. Wir haben das einmal vergessen! Es war einfach viel zu tun und es war keine Zeit und irgendwann war es raus aus dem Kopf. Wir haben ganz viele „böse“ Nachrichten bekommen. Die Kund:innen haben geschrieben, es sei Freitag und Sie brauchen Inspiration! Und unsere Tipps sind noch nicht da. Was ist denn da los?  Hui! Ansonsten. Ach, womit punkten wir? Ich glaube einfach, indem wir selbst sind. So wie jede andere Buchhandlung auch. Natürlich können wir sagen, dass die neue Lucinda Riley da ist. Aber da wissen wir auch, das Buch verkauft sich von ganz allein. Natürlich kann es eine Erinnerung sein. So nach dem Motto „Leute, ihr könnt jetzt kommen“. Was uns aber viel mehr Spaß macht und da sind wir uns wahrscheinlich alle einig, sind so diese persönlichen Buchtipps, diese persönlichen Perlen.  Diese Bücher, die das eigene Interesse widerspiegeln. Wo man auch genau weiß, es könnte der Kundschaft gefallen. Ich glaube, damit punkten wir am meisten. Also dieses „Ich gebe ein Stück von mir in die Buchhandlung“ !

 

Andrea

Ja, das ist im Endeffekt auch das, was den stationären Buchhandel ausmacht. Dass die Kunden reinkommen und wissen, die Buchhändlerin oder der Buchhändler hat mir das letzte Mal hier was ganz Besonderes empfohlen. Da wäre ich vielleicht auch gar nicht selbst drüber gestolpert. Da gehe ich noch mal hin und verlass mich nicht auf den Algorithmus im Shop. Also jetzt nicht nur beim großen A, sondern auch in unseren eigenen Shops. Es ist auch so, dass die Kunden ja trotzdem unsere Beratung oft vorziehen.

 

Tina

Richtig.

 

Andrea

Also du hast gerade erzählt, du hast freitags ein festes Format. Hast du denn noch andere Dinge, wo du festgestellt hast, das läuft gut bei Social Media und wo du vielleicht Kollegin ein Tipp geben könntest? Probiert das mal aus, traut euch!

 

Tina

Wir sind immer noch so ein bisschen in der Experimentierphase. Es gibt noch unterschiedliche Formate, die wir austesten, weil wir natürlich drei Menschen mit unterschiedlichen Ideen sind. Was wir festgestellt haben, ist das unsere Reichweite durch die Decke geht, wenn einer von uns auf dem Bild mit drauf ist. Also natürlich, man kann so ein Foto schön inszenieren und ich liebe auch privat genau dafür Bookstagram. Ich sage es jetzt mal plakativ, sobald das Gesicht von einem von uns dreien drauf ist, läuft es! Und das finde ich ein bisschen merkwürdig. Auf der einen Seite kann ich es verstehen, natürlich, weil vor allem so kleine Läden wie unsere über Persönlichkeit verkaufen. Wenn wir unsere Persönlichkeit im Sinne von uns selbst mit einbringen, ist es das, was die Leute sehen wollen. Auf der anderen Seite denken wir uns jedes Mal, also so hübsch sind wir nun auch nicht. Warum? Aber wir versuchen das jetzt ein bisschen mehr mit einzubringen. Ansonsten planen wir ein bisschen im Voraus. Wir gucken uns Jahrestage an, Geburtstage, Messe und Termine. Das sind so Sachen, die wir mit aufgreifen. Ansonsten ist unser Alltag einfach sehr, sehr schnelllebig. Es ist jeder Tag anders und genauso agieren wir auch in der Buchhandlung. Es gibt so zwei, drei Sachen, die ich plane und der Rest wird einfach wirklich tagesaktuell gemacht. Was kommt denn eigentlich heute? Wie ist heute unsere Stimmung. Im Moment ist es so, dass wir einfach keine Lust mehr haben auf Winter. Also wir sind schon im Frühlingsmodus. Ja, dann kann ich das doch auch zeigen. Auch wenn gerade mal Anfang Februar ist, dass wir einfach die neuen Gartensachen schon dahaben und dann gucken wir, wie es läuft.

 

Andrea

Machst du das bei den Storys genauso wie bei den Postings? Also planst du auch zwischendurch mal was vor oder machst du das wirklich spontan im Laden?

 

Tina

Mal so, mal so. Also den Freitag, den bereite ich schon vor. Einfach auch, um nicht zu vergessen, was eventuell die ganze Woche übergekommen ist. Das heißt, ich mache durchaus auch am Dienstag schon mal das Foto, was ich für Freitag brauche. Da plane ich dann auch die Story vor. Einfach weil auch erfahrungsgemäß der Freitagnachmittag einer der besucherreichsten Tage ist. Das arbeite ich vor. Genauso haben wir bis Ende Januar eine Kalender Aktion gehabt mit 25 % Rabatt. Das sind auch Sachen, die ich vorplane. Die andere Hälfte ist aber spontan. Mal die Kollegin, die die neue Tonies anhängt, weil die neuen Tonies heute durch Zufall gekommen sind. Oder das Buch ist da, was wir schon vor drei Monaten in der Vorschau gesehen habe und was heute endlich rauskommt. Es ist manchmal auch ganz banal, wenn wir es schaffen, zusammen Kaffee zu trinken. Es ist immer so ein bisschen stimmungsabhängig und zeitabhängig. Also ich versuche zu planen und der Rest darf genauso aussehen wie unser Buchladen. Eben unser Alltag.

 

Andrea

Wie ist es mit der Anzahl der Postings? Hast du Erfahrungen gemacht? Postest du jeden Tag?

 

Tina

Wir haben tatsächlich festgestellt – und das finde ich ganz, ganz spannend – wenn wir jeden Tag posten, bricht unsere Reichweite ein. Wir haben auch so das Gefühl, dass unsere Kundschaft auch gar nicht so wahnsinnig überschwemmt werden möchte. Also mein Mindesteinsatz ist zweimal pro Woche, bestenfalls drei. Also Montag, Mittwoch, Freitag. Damit habe ich die Woche gut abdeckt. Am Wochenende sehe ich bei uns an den Insights, dass die Reichweite sinkt und die Aktivität eher gering ist. Das heißt, wir brauchen am Wochenende auch gar nichts Posten. Drei Posts die Woche sind für uns tatsächlich ideal.

 

Andrea

Du hast gerade noch ein Buzzword gesagt. So für alle Buchhändlerkolleg:innen, die einfach nur fröhlich drauf los posten: „Was meinst du mit Insights?“

 

Tina

Also natürlich gucke ich mir an, wie so meine Reichweite ist, also wie oft das Foto, was ich gepostet habe, wiedergegeben wird. Ich gucke mir an, wie oft sich Menschen unsere Storys angucken oder wie viele Menschen uns folgen. Ich schaue, wie die Verteilung Männer und Frauen ist. Die übrigens zumindest bei uns, zu der im Buchladen identisch ist. Das heißt, wir haben wesentlich mehr Frauen als Männer online und offline bei uns zu Gast. Ganz spannend ist bei uns die Altersstruktur Instagram und Facebook. Die unterscheidet sich schon arg, sodass wir auch da unterschiedliche Inhalte planen. Und ich gucke mir natürlich an, wann sich die Menschen unsere Posts angucken, damit ich weiß, zu welcher Uhrzeit ich sie teile sollte.  Also man muss sich einmal in die Insights reinfinden und einmal verstehen, wie Instagram aufgebaut ist. Wenn man das verstanden hat, und das ist wie gesagt kein Hexenwerk, kann man das einfach ein bisschen besser planen.

 

Andrea

Benutzt du dafür nur Instagram oder benutzt du auch die Business Suite von Meta?

 

Tina

Ich nutze beides. Ja, ich arbeite sowieso ganz viel mit der Business Suite, weil man wahnsinnig einfach und schön und schnell vorplanen kann. Stories und Postings. Und weil man da natürlich die Insights von Instagram und Facebook so richtig schön plakativ nebeneinander sieht. Das hilft mir eigentlich immer ganz, ganz viel, bei der Content Planung.  Also in 99 % der Fälle teile ich wirklich einfach direkt auf beiden Kanälen. Nur bei ganz speziellen Sachen differenziere ich. Die Follower bei Instagram lesen Bücher, die unsere Facebook Kundschaft nicht liest. Also diese typischen Young-Adult-Bücher, bei denen reicht es, wenn ich sie ausschließlich bei Instagram zeige. Auf der anderen Seite gibt es Bücher, vor allem, wenn es um regionale Sachen geht, die brauche ich bei Instagram nicht zeigen. Die jungen Leute dort, die interessiert es nicht so sehr. Das wiederum zeige ich dann bei Facebook.

 

Andrea

Es lohnt sich also auf beiden Kanälen auf Abonnieren zu drücken. Ja,  das ist spannend. Also du wertest immer aus, bevor du deine neuen Postings machst?

 

Tina

Ja, also ich versuche mir die Insights mindestens einmal die Woche anzugucken. Meistens tatsächlich am Freitag, wenn ich den Freitags-Post vorbereite. Ich habe  mir abgewöhnt, den mitten im Buchladen zu machen. Dann setze ich mich mit einem Kaffee in die Küche und macht den Post fertig. Dann habe ich einfach Ruhe und kann die Caption schreiben. Ansonsten läuft es immer so: Man steht mit dem Handy im Laden und tippt, dann kommt ein Kunde oder eine Kundin. Und natürlich haben diese dann Vorrang. Dann bedient man und berät. Und dann nimmt man das Handy in die Hand und weiß eigentlich gar nicht mehr, wo man war. Das heißt, ich setze mich einfach zehn Minuten nach hinten, bereite den Post vor mit unseren Neuzugängen und in dem Atemzug gucke ich mir meistens auch einmal die Insights an. Dann habe ich mir eh schon mir die Zeit genommen für Social Media, das passt für mich mit dazu. Ich bin aber auch jemand,  ich weiß gar nicht, ob man das so laut sagen darf, der wahnsinnig gerne Arbeit mit nach Hause nimmt. Auch in der Ausbildung. Es gibt für mich nicht diesen krassen Unterschied zwischen  Feierabend oder nicht. Mein Handy habe ich auch zu Hause in der Hand. Kommt dann eine Nachricht zum Buchladen beantworte ich die auch, wenn eigentlich längst Feierabend ist. Und wenn man mal ein bisschen mehr Zeit hat, dann guckt man sich die Insights auch mal ein bisschen genauer an, vergleicht noch mal. Spannend ist auch immer der Vergleich zwischen Buchhandel und privatem Buchbloggeraccount. Ich schaue immer, was läuft  eigentlich bei dem einen gut und was bei dem anderen? Und was kann ich eventuell adaptieren? Es gibt keinen festen Tag, aber mindestens einmal die Woche, meistens am Freitag. Das ist so Usus.

 

Andrea

Das heißt, ihr habt keine feste Abwesenheitsnotiz in euren Nachrichten?

 

Tina

Nein, haben wir nicht.

 

Andrea

Wenn ich euch nachts um 22:00 anschreibe bekomme ich eine Antwort?

 

Tina

Es könnte passieren. Ich habe das bei euch gesehen und finde die automatischen Antworten wahnsinnig spannend. Es ist etwas, mit dem ich mich definitiv dieses Jahr noch beschäftigen werde. Das gibt es bei WhatsApp-Business auch, habe ich mir sagen lassen. Auch da muss ich noch mal gucken. Also man lernt auch nie aus. Man lernt immer dazu. Nicht nur, weil es Techniken zu entdecken gibt, die man einfach selbst noch nicht kennt, sondern weil Social Media natürlich auch sehr, sehr schnelllebig ist. Ja, ich freue mich auf alles, was noch kommt. Es sind auch ein paar eine Weiterbildung noch geplant dieses Jahr. Und natürlich freue ich mich auch bei dir immer ganz viel Inspiration zu entdecken. Ich schaue , was ihr so alles macht. Was wir zum Beispiel noch gar nicht implementiert haben, sind Reels, womit ihr ja schon ganz viel arbeitet. Wir sind immer noch bei den Fotos hängengeblieben. Ist nicht schlimm, ist es funktioniert bei uns. Aber man möchte sich ja auch ein bisschen weiterentwickeln. Und das ist auch noch so ein Punkt, den ich dieses Jahr angehen möchte. Zu gucken, wie kann ich Reels in unseren Buchladen-Alltag integrieren? Das wird auch noch eine spannende Herausforderung.

 

Andrea

Also wir haben festgestellt, dass Videocontent an sich sehr, sehr gut läuft. Nicht nur in den Stories, sondern auch als Postings. Da arbeiten wir jetzt gerade ein bisschen dran, dass wir auch noch mal so Buchtipps im Videoformat bringen. Das muss auch gar nicht immer allzu lang sein. Unsere Postings sind auch sehr Bild lastig. Und Instagram hat ja schon durch durchblicken lassen, dass Videocontent  auf jeden Fall bei dem Ausspielen über den Algorithmus eine große Rolle spielt. Wir arbeiten daran.  Genau wie du sagst, es verändert sich immer etwas.

 

Tina

Genau. Mal gucken, was dieses Jahr noch kommt. Ich bin gespannt.

 

Andrea

Gerade gab es eine Meldung von Instagram, dass es demnächst eine Abo Funktion geben soll. Also es gibt die „Enge Freunde Variante“ und demnächst soll es eine Abo Funktion geben. Dahinter versteckt sich bezahlter Content. Das ist sicherlich auch noch mal eine ganz, ganz spannende Entwicklung und der Buchhandel ist ja bekanntlich eher etwas zögerlich, was solche was solche Dinge angeht. Aber ich glaube ein paar Kolleg:innen haben da vielleiht schon Ideen wie sie wie sie das nutzen können. Also ich finde es auch ganz spannend. Sehr spannend ob der Buchhandel auf bezahlten Content setzen wird.

 

Tina

Sehr, sehr spannend. Ich habe da auch für mich noch keine abschließende Meinung gefunden. Es ist wichtig, weil ja wie du sagst, Instagram  macht Arbeit. Das ist einfach so. Auf der anderen Seite  denke ich mir, dass Social Media nichts anderes ist als mein zweites Schaufenster. Ich würde auch nie Geld dafür nehmen, dass Kunden sich unser Schaufenster angucken können. Ich weiß nicht, ob ich die Bezahlfunktion für den Buchladen nutzen würde. Das mag privat anders aussehen, wenn man auf seinem privaten Account seine Expertise einbringt. Kostenlos. Bis jetzt. Da mag das anders aussehen. Aber für den Buchladen ist das vielleicht nicht unser Weg. Dafür sind wir auch zu sehr „Gutmensch“.

 

Andrea

Das ist auch so ein Buchhändler-Ding.

 

Tina

Ja, wahrscheinlich.

 

Andrea

Einige Kollegen tun sich ja auch im Offline Modus schwer, z.B. für Veranstaltungen Geld zu nehmen. Vielleicht sind das auch Learnings in der Branche, dass Zeit auch Geld wert ist. Also ich könnte mir vorstellen, dass die Abo-Funktion als Veranstaltungsformat vielleicht auch im Buchhandel Einzug finden kann. Ich denke für Buchtipps werden wir keine Bezahlfunktion einrichten.

 

Tina

Vor allem, weil wir auch selbst viel zu viel Spaß daran haben, Buchtipps zu geben. Also finde ich, das ist ein bisschen Berufskrankheit. Ich habe das Buch gelesen. Es ist großartig. Lest bitte alle.

 

Andrea

Im Podcast mit den beiden Versuchstauben habe ich auch gesagt, die 8000 Worte pro Tag, die wir über Bücher sprechen müssen, die müssen halt raus. Es ist gut, dass wir Instagram haben.

 

Tina

Ganz genau.

 

Andrea

Wo wir bei Veranstaltungen gerade waren, ihr habt auch  Formate, bei denen ihr offline und online verbindet. Also ich denke da ans Buchcatching, was ihr letztes Jahr zu Ostern gemacht habt. Es war doch Ostern, oder?

 

Tina

Oh nein, es war nicht Ostern. Es ist der Welttag des Buches.

 

Andrea

Hach, es war nah an Ostern.

 

Tina

Es ist immer zum Welttag des Buches.  Der liegt zeitlich immer nahe an Ostern. . Ja, wir sind schon mittendrin in der Planung für dieses Jahr. Das Book-Catching wird dieses Jahr zum Dritten Mal stattfinden. Es startete vor zwei Jahren als Notlösung. Also man kann es nicht anders sagen. Wie gesagt, am 1. April habe ich angefangen, mitten im Lockdown. Am 23 April war Welttag des Buches und wir durften eine Woche vorher wieder aufmachen.  Wir haben Hin und Her überlegt: Es ist Welttag des Buches, es war jetzt Lockdown, die Leute brauchen jetzt irgendwas für die Seele. Auf der anderen Seite wollten wir keine Veranstaltung im Buchladen machen. Einfach um uns selbst zu schützen und die Kundschaft zu schützen und um sämtliche Hygiene Anforderungen zu erfüllen. Thilo hatte das ganze Lager voll mit Leseexemplaren, die er so angesammelt hatte über Herbst  und Winter.  Und dann haben wir beschlossen, dass wir diese Bücher versteckten –  tatsächlich wie zu Ostern. Wir verstecken die Bücher und wir nutzen Instagram, was ja zu dem Zeitpunkt ganz neu war. Der Gedanke war auch, dass wir müssen die Leute zu uns auf den Account holen. Der Plan war schnell klar: Wir teilen die Tipps, wo die Bücher versteckt sind, bei Instagram. Dann schlagen wir zwei Fliegen mit einer Klappe. Die Leute haben was zu tun. Die kommen mal wieder raus. Die können sich bewegen. Die haben so ein kleines Abenteuer. Wir haben das Lager frei und wir bespielen sofort den neuen Kanal. Das hat wahnsinnig gut geklappt. Und eigentlich war es eine ganz spontane Idee. Es ist eingeschlagen wie eine Bombe. Damit hatten wir gar nicht gerechnet und haben dann schon gesagt, das wird ab sofort eine Veranstaltung, die jedes Jahr stattfindet. Im letzten Jahr haben wir dann angefangen, aktiv unsere Verlagsvertreter:innen anzuschreiben. Immer mit der Frage: Könnt ihr uns ein paar Bücher sponsern, weil wir natürlich jetzt im Jahr davor sämtliche Leseexemplare, die wir hatten, verschenkt haben. Und letztes Jahr haben wir es ein bisschen professioneller gemacht. Letztes Jahr haben wir WhatsApp Business mit aufgenommen und haben die Hinweise auch über WhatsApp Business geteilt, um die Leute auch dorthin zu holen. Da gibt es ja diese schöne Verteiler Funktion.  Und damit ist die Veranstaltung noch mal größer gewesen als im ersten Jahr. Also wir haben im letzten Jahr über 200 Bücher versteckt. Wie gesagt, Kleinstadt, 17.000 Leute.  Wir selbst waren im Buchladen. Wir haben es gar nicht so mitbekommen, was für Massen an Menschen unterwegs waren. Aber die Leute haben uns per WhatsApp Fotos geschickt. Also es war wirklich, als gäbe es Bananen irgendwo.  Wir lieben das. Es ist wahnsinnig viel Arbeit, aber es ist großartig. Es ist ein Event im Jahr, wo sich viele Leute schon drauf freuen. Es ist Welttag des Buches und „Der Buchladen Reingelesen“ macht wieder sein Book-Catching. Wir haben dieses Jahr im Januar angefangen zu planen. Ich habe letztes Jahr ein Corporate Design implementiert unser „Buchmädchen“ was das Logo wird. Dieses Mal gibt auch  Buttons. Jeder, der mit macht bekommt jetzt ein Button und jedes Jahr wird dieser in einer anderen Farbe sein. So Sachen bereiten wir einfach schon vor, denn ich bin den gesamten März  in der Berufsschule in Leipzig. Das heißt, alles muss vorher fertig werden. Wir haben  natürlich ganz viele Vertretertermine. Wir haben uns schon darauf vorbereiten und die Vertreter:innen vorher anrufen und von der Veranstaltung erzählt. Immer mit der Frage: „Könnt ihr uns vielleicht irgendwas mitbringen – eine Kiste mit Büchern oder lustige Lesezeichen“? Wir jetzt eine Pressemappe angelegt mit Presseberichten, mit Fotos von uns, mit Fotos unserer Kundschaft. Einfach, um an die Verlage selbst herantreten zu können. Und wir freuen uns jetzt schon wieder wahnsinnig! Durch Zufall fällt auch der Welttag des Buches dieses Jahr wieder auf einen Samstag. Das heißt, wir können es direkt am 23. April machen. Das witzige ist, ich weiß nicht, wie viele unserer Kundinnen sich jetzt diesen Podcast anhören werden. Offiziell haben wir es noch gar nicht angekündigt.

 

Andrea

Das ist ein Spoiler! Achtung!  Aber man merkt ja auch, mit wie viel Begeisterung und mit wie viel Leidenschaft du für Bücher, für Buchthemen, für den Buchladen und aber auch für Social Media brennst. Das ist natürlich ein Gewinn für jeden Chef. Dein Chef ist da ja auch eher im Team „Ich lasse es Social Media machen“, aber das ist  manchmal auch ganz schön, denn du hast ja, du hast freie Hand, oder?

 

Tina

Bis zu einem gewissen Grad habe ich freie Hand. Bei neuen Formaten reden wir vorher einmal drüber. Bis vor einiger Zeit hat mein Chef auch jeden Post  gegengelesen. Nicht unbedingt, weil er glaubt, dass der Inhalt nicht stimmte, sondern auch, weil man sich schnellvertippt oder die Autokorrektur was falsch raushaut. Ich habe aber grundsätzlich freie Hand. Ja, ich freue mich da auch sehr drüber. Ich glaube nicht, dass er mir diese freie Hand lässt, um sich selbst Arbeit zu ersparen. Ganz im Gegenteil. Also er fragt jetzt auch mittlerweile, wie es technisch funktioniert. Wenn ich mal Urlaub habe oder in Leipzig bin, sieht es immer ein bisschen mau aus auf dem Account. Wir versuchen es schon, dass wir ihn da auch mal einarbeiten. Das eigene Interesse ist da auch groß. Grundsätzlich wie in jeder guten Firma: Jeder macht das, was er am besten kann! Dafür mache ich sehr, sehr wenig Buchhaltung. Also das ist einfach eine sehr, sehr faire Arbeitsteilung, wie ich finde.

 

Andrea

Habt ihr eine feste Regelung getroffen, hast du einen festen Stundensatz für Social Media? Oder läuft das halt so mit? Du hast gerade ein bisschen anklingen lassen, du nimmst auch schon mal was mit nach Hause. Ich glaube, jeder, der in Social Media Account betreut, weiß, was du meinst. Weil man die Arbeit auf dem Handy hat und wenn man nicht gerade ein Diensthandy hat und dieses auch wirklich auch ganz klar zur Seite legt. Also ich habe auch ein Diensthandy und selbst da gucke ich zu Hause schon mal drauf.

 

Tina

Ja, also ich habe jetzt auch ein Diensthandy, weil ich auch gerne das ab einer gewissen Uhrzeit klar trennen möchte. Ich sage jetzt mal, so ab 21:00 oder was auch immer werden keine Nachrichten mehr gelesen. Das Problem an der Sache ist, ich habe immer noch die Zugänge auf meinem Handy für den Notfall. Als ich das letzte Mal an der Berufsschule war, war dieser weltweite Facebook/Instagram/WhatsApp-Ausfall. Und bei uns im Buchladen sind sämtliche Social Media Kanäle  ausgefallen. Das heißt, niemand war zu erreichen. Witzigerweise ging es auf meinem Handy. Es hat natürlich nicht so ganz viel gebracht, weil ich war 500 Kilometer weit weg, aber ich konnte die Bestellung zumindest per WhatsApp entgegennehmen und per Mail an den Buchladen weiterleiten. Für solche Notfälle werde ich diesen Zugang auch behalten. Was wiederum jetzt dazu führt, dass mit dem Feierabend manchmal ein bisschen schwierig ist. Ansonsten habe ich keinen anderen Stundenlohn, kein Bonus oder wie auch immer. Für mich ist Social Media einfach Teil meines Arbeitsalltags und wird genauso gemacht wie die Warenannahme, das Kassieren, die Beratung und das Rechnung schreiben. Das gehört für mich zusammen. Es macht mir auch Spaß, sonst hätte ich das nicht angeboten und sonst würde ich es nicht mit so viel Nachdruck weitermachen. Wir müssen manchmal noch uns darauf einigen, wie wichtig gewisse Aufgaben sind und wie wichtig nicht. Also ich weiß nicht, wie das bei euch aussieht. Manchmal, wenn ich sage, ich möchte mir mal zehn Minuten Zeit nehmen und diesen Instagram Post machen, dann kommt die Frage,  wäre Aufgabe XY direkt bei uns im Buchladen nicht im Moment wichtiger? Nein!  Manchmal muss ich mich da noch ein bisschen durchsetzen. Ich kann das aber auch gut. Dadurch, dass wir so ein kleines Team sind, sind wir natürlich wahnsinnig eng. Und dann kann ich das auch noch mit Augenzwinkern sagen. Das dürften andere Azubis nicht. Also da bin ich in einer sehr privilegierten Situation. Aber es ist Arbeitsalltag und es wird gemacht und es wird manchmal auch nach Feierabend gemacht und es ist für mich okay. Und wenn ich mal keine Lust habe, mich an einem Donnerstagabend beispielsweise noch mit dem Buchladenaccount zu beschäftigen, dann mache ich es nicht. Da mache ich es eben Freitag früh wieder ab um neun, wenn der Laden wieder aufhat und ich wieder arbeiten geht. Ich glaube, dass siehst du ähnlich. Dann ist Feierabend, ich ruhe mich aus, steck meine Nase ins Buch und dann geht es morgen erholt weiter.

 

Andrea

Hast du denn mal ein Auge darauf gehabt, wie viel Zeit du so im Schnitt für Social Media brauchst? Zur Vorbereitung und auch zum Posten?

 

Tina

Wenn man alles unter der Woche macht, kriegt man das gar nicht mit. Wenn ich direkt vorplane, mit drei oder vier Posts und den entsprechenden Stories dazu, ungefähr eine Stunde, wenn ich es am Stück mache.

 

Andrea

Also können wir den Kollegen eigentlich mitgeben: Es ist machbar.

 

Tina

Es ist machbar. Wenn man von der 40 Stunden Woche ausgeht, ist das eine Stunde nicht so wahnsinnig viel. Stimmt.

 

Andrea

Hast du denn noch ein Tipp für alle Kollegen und Kolleginnen, die jetzt mit ihrem Account starten bei Instagram? Denn du hast euren Account ja wirklich auch von Anfang an begleitet.

 

Tina

Man selbst bleiben! Ganz einfach das zeigen, was eure Buchhandlung ausmacht. Einfach vom Analogen ins Digitale adaptieren. Es geht nicht um wahnsinnig schöne Fotos. Es geht nicht um Werbung. Einfach das, was wir im Buchladen machen ins Digitale zu holen und es  dort genauso weiterführen.  Das ist das, was die Kundschaft sehen möchte.

 

Andrea

Das ist doch ein wunderbares Schlusswort gewesen. Bleibt bei euch!

 

Tina

Ja.

 

Andrea

Wer jetzt neugierig ist, kann auf jeden Fall Tina folgen. Entweder bei @der_buchladen_reingelesen oder auf ihrem eigenen Account @frollein_von_kunterbunt. Dort findet ihr auch noch mal ganz viele Buchtipps, Social Media Tipps und alles Mögliche aus dem Alltag einer Buchhandelsauszubildenden.

 

Tina

Das war sehr schön.

 

Andrea

Ich danke dir. Vielen, vielen Dank!